Am 11. und 12.
Februar 2004 fand in Essen der zweite Internationale Deutsche
Wasserstoff Energietag statt, ausgerichtet vom Deutschen
Wasserstoffverband, der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW und der E-World-of-
Energy. Das komplette Programm steht unter www.H2Congress.de im Netz;
Hintergrundmaterial findet sich unter www.itsHYtime.de. – Der Tagungsleiter,
Professor Dr.-Ing. Carl-Jochen Winter* (ENERGON Carl-Jochen Winter GmbH**,
Überlingen) stellte dem VWEW-Newsletter "Wasserstoff + Brennstoffzellen" den
Vorabdruck seines Vortrags exklusiv zur Verfügung.
 Prof. Dr. Carl-Jochen Winter
Die Meilensteine der Wasserstoffenergiewirtschaft
„Wasserstoff - der unverzichtbare Energieträger!”
Einführung
Viele Wege führen nach Rom; viele Wege führen zum Wasserstoff als Energieträger.
Sie sind durch Meilensteine gekennzeichnet, solche der längst am Markt etablierten
Wasserstoffwirtschaft, die hinter uns liegen, und solche der bevorstehenden
Wasserstoffenergiewirtschaft, ihnen bevorzugt widmet sich dieser Beitrag.
Wasserstoff geht auf Antoine Lavoisier (1743 - 1794) und Henry Cavendish (1731 -
1810) zurück. Sie beschrieben Wasserstoff unabhängig voneinander erstmals im
ausgehenden 18. Jahrhundert. Eine Generation später, 1839, veröffentlichte William
Grove (1811 - 1896) seine Arbeiten zur Brennstoffzelle, die Wasserstoff (und
Sauerstoff) elektrochemisch in Strom und Wärme umwandelt. Sie wird eines der
Kernelemente der Wasserstoffenergiewirtschaft werden. Es ist hier und da zu lesen,
die Brennstoffzelle sei kein Carnotischer Energiewandler (Sadi Carnot, 1796 - 1832).
Das ist nicht richtig, wiewohl sie keine Wärmekraftmaschine ist, folglich nicht auf
hohe Temperaturen und hochtemperaturfeste, teure Werkstoffe angewiesen ist, um
hohe energetische Wirkungsgrade zu erzielen: Ds ist einer ihrer entscheidenden
Vorteile!
Wieder, wie bei jeder Innovation, kommt es auf die Triade Forschung & Entwicklung
(F&E), Wirtschaft und Politik an. Folglich gibt es auf dem Weg in die
Wasserstoffenergiewirtschaft technische, industrielle und politische Meilensteine. Sie
sind interdependent, ihre relative Bedeutung wechselt mit der Zeit. Die technische
Entwicklung stand bisher im Vordergrund. Nach Jahrzehnten der modernen
Wasserstoff - F&E ist jetzt die Zeit der Unternehmer da. Sie müssen auf förderliche
gesellschaftspolitische, entwicklungspolitische, industriepolitische und, für
Deutschland mit einem Energieimportanteil von drei Vierteln seines Bedarfs
lebenswichtig, kluge außenwirtschaftspolitische Rahmenbedingungen bauen können.
Bei allem: Energie braucht Zeit! Auch die Wasserstoffenergiewirtschaft hat Ihre
Jahrzehnte vor sich, selbst wenn alles gut geht. Folglich ist es hohe Zeit zu beginnen
– it's HYtime! – , eigentlich ist es ohnedies immer zu spät. J.A.Schumpeter (1883 -
1950) gilt unverändert: "Innovationen tragen die Konjunkturen!"
Meilenstein 1: Wasserstoffproduktion aus Kohle
50 Millionen Tonnen Wasserstoff werden jährlich weltweit gehandelt sowie ein
Mehrfaches davon in Raffinerien produziert und gleich wieder vor Ort zu
reformulierten Benzinen und zur Dieselentschwefelung weiter verarbeitet (captive
hydrogen), ohne in den Handel zu kommen. Der Zuwachs beträgt 10 %/a. -
Weitaus überwiegend stammt Handelswasserstoff aus der
Wasserdampfreformierung von Erdgas oder der partiellen Oxidation schwerer
Ölfraktionen; wenige Prozent sind elektrolytischer Wasserstoff, er setzt billigen Strom
voraus. Wasserstoff aus erneuerbarem Strom (solarer Wasserstoff) ist das
klimaökologische Wunschziel der Wasserstoffenergiewirtschaft, nicht jedoch ihre
Voraussetzung! Bis das Wunschziel erreicht ist, wird Wasserstoff aus fossilen
Primärenergien vorherrschen, wiewohl unter der unabdingbaren Bedingung der
Sequestrierung von Kohlendioxid!
Wasserstoff aus Kohle hat Tradition und ist unter ernsthafter Neubewertung des
außenwirtschaftspolitisch sowie umwelt- und klimaökologisch verantwortbaren
Energiemix' der Zukunft unverzichtbar: Verfügbarkeit von Kohle steht über
Jahrhunderte außer Frage; Kohle ist ubiquitär, sie wird in jedem Kontinent der Erde
gewonnen, folglich erscheint eine "OPECisierung" höchst unwahrscheinlich.
Wasserstoff verschafft Kohle zwei Zukunftschancen: Er lässt das CO2-freie
Kohlekraftwerk möglich werden, und er eröffnet Kohle durch die Teilnahme am
boomenden Gasemarkt den Wiederzutritt zu den beiden Bereichen
Hausenergieversorgung und Transport, aus denen sie sich mit dem Aufkommen von
Öl und Gas zurückzog: Eine Renaissance!
Meilenstein 1
Wasserstoff aus Kohle
• hat Tradition
• hat eine statische Reichweite von Jahrhunderten
• ist unverzichtbar, weil zur Energieversorgungssicherheit beitragend
• ist schwerlich "OPECisierbar", weil ubiquitär
• ermöglicht das CO2-freie Kohlekraftwerk
• verschafft Kohle den Zutritt zum boomenden Gasemarkt
muss der Bedingung der CO2-Sequestrierung genügen
Prinzipielle Voraussetzung ist die Sequestrierung des mitproduzierten CO2 und seine
für die Atmosphäre schadlose Nutzung oder Endlagerung. Mit der Mineralisierung
von CO2 oder seiner Lagerung in ausgekohlten Öl- oder Gaslagerstätten wird
experimentiert.
Meilenstein 2: Der Kraftstoff Wasserstoff im Transport
Materielle Mobilität für Menschen und Güter wird gewährleistet durch weltweit zurzeit
nahezu eine Milliarde Fahrzeuge, Flugzeuge oder Schiffe; ihre jährliche
Reproduktionsrate beträgt 60 bis 70 Millionen; Kohlenwasserstoffe als Kraftstoffe
sind die Regel. Umweltökologische Neutralität bei Landfahrzeugen mit EUR IV Zertifikation
(ab 2009 EUR V) wird bis nahe an die Messbarkeitsgrenze auch mit
Kohlenwasserstoffen im Tank gewährleistet und ist bei Luft- und Seefahrzeugen
technisch möglich. Klimaökologische Neutralität aber ist selbst bei
Verbrauchsreduzierung Illusion, weil die Disloziertheit der Emittenten das
Einsammeln von CO2 unmöglich macht.
Hier setzt Wasserstoff als Kraftstoff an, gleich ob Wasserstoff aus erneuerbarem
Strom oder aus fossiler Energie mit CO2-Sequestrierung, und gleich ob im Tank
eines Fahrzeuges mit Verbrennungsmotor oder mit Brennstoffzelle unter der Haube.
Immer geht es letztlich um klimaökologische Neutralität über die gesamte Länge der
Energiewandlungskette, well-to-wheel.
Meilenstein 2
Kraftstoff Wasserstoff im Transport
• ist die Kraftstoff - ultima ratio
• erlaubt Reformer-freie Automobile
• garantiert umwelt- und klimaökologische Sauberkeit
verlangt den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur
Es ergibt sich so, dass in den Labors von Industrie und Forschung nicht nur mit dem
Brennstoffzellenbrennstoff Wasserstoff experimentiert wird, sondern mit einer ganzen
Reihe von Kohlenwasserstoffen. Das hat zwei grundsätzliche Konsequenzen:
Wasserstoff an Bord schafft das "einfachere" Fahrzeug, weil der Reformer fehlt; nur
die Entscheidung über Hochdruck - Wasserstoff oder flüssigen Wasserstoff samt
zugehöriger Tanks an Bord steht noch aus. Die Neuinvestition der
Wasserstoffinfrastruktur in Produktion, Speicherung und Verteilung ist unentbehrlich.
– Und die andere Konsequenz: Kohlenwasserstoffe an Bord machen nur
unerhebliche Anpassungen der gewachsenen stationären Infrastruktur nötig,
erzwingen aber den Bord-Reformer, dessen Temperaturdynamik sowie dessen
Arbeitsverfügbarkeit bei Außentemperaturen zwischen -40 und +50 Grad Celsius
noch nicht letztlich verstanden sind; zudem bringt der Reformer Gewicht und
Volumen an Bord. – Bei aller Vielfalt des Experimentierens: Da Fahrzeuge ja auch
exportiert und über die Grenzen betrieben werden sollen, verlangt weltweite Mobilität
letztlich nur einen umwelt- und klimaökologisch neutralen Kraftstoff, er wird –
vielleicht nach einer Phase der Weichenstellung – Wasserstoff sein müssen.
Meilenstein 3: Die exergetisch effiziente Brennstoffzelle als Heizkesselersatz
Deutschland betreibt ca. 15 Millionen Heizkessel mit Heizöl oder Erdgas, wenige mit
Schweröl. Die Zahl der Brennwertkessel, welche die Kondensationswärme
kondensierbarer Bestandteile im Abgas nutzen, nimmt zu. Die energetischen
Nutzungsgrade sind exzellent, sie liegen nahe bei 100 Prozent; die exergetischen
Nutzungsgrade in der Bereitstellung technischer Arbeitfähigkeit (Exergie) aber
(Energie = Exergie + Anergie) sind mit wenigen Prozent miserabel, es ist eben
thermodynamisch absurd, 1000 Grad Celsius Feuerungstemperatur zu erzeugen, nur
um 70 Grad Celsius Vorlauftemperatur für die Radiatoren zu gewührleisten.
Hier, bei der exergetisch effizienten Energiewandlung, setzen Brennstoffzellen an.
Sie liefern mit einem exergetischen Nutzungsgrad von 35 bis 40 Prozent Strom, reine
Exergie, und die Restwärme deckt einen Großteil des Wärmebedarfs. Der Strom wird
am Ort der Aufstellung genutzt, Restmengen werden ins Netz eingespeist. Die
Brennstoffzelle ist leise, ohne bewegte Teile, wenn mit Wasserstoff betrieben
umwelt- und klimaökologisch sauber, und sie hat die gute Chance, bei
marktgerechten Stückzahlen von einigen hunderttausend pro Jahr in den
Kostenbereich der Heizkessel zu kommen. Werden nicht Wasserstoff, sondern
Kohlenwasserstoffe eingesetzt, sind brennstoffspezifische stationäre Reformer nötig.
Das Gewichts- oder Volumenproblem stellt sich hier nicht.
Meilenstein 3
Die exergetisch effiziente stationäre Brennstoffzelle
• dezentralisiert
• exergetisiert
• schafft virtuelle Kraftwerke
verlangt die Professionalisierung des Endes der Energiewandlungskette
Ein Gedankenspiel sagt, dass 15 Millionen dezentrale Brennstoffzellen à 5 Kilowatt
ein virtuelles elektrisches Kraftwerk entstehen lassen, dessen Leistung von 75 000
Megawatt der derzeitigen Anschlussleistung in Deutschland von etwa 100 000
Megawatt nahe kommt. – Gedankenspiele müssen nicht Realität werden, ein wahrer
Kern jedoch steckt meist in ihnen. Hier sind es zwei Kerne: Die Brennstoffzelle
exergetisiert das gewachsene Energiesystem, sie macht mehr technische
Arbeitsfähigkeit aus Energie, sie schafft Effizienzgewinne, die einer
Energienachfragereduktion der Volkswirtschaft gleichkommen – ein eminent
wichtiges Element für eine Volkswirtschaft, die – wir sagten es – zu drei Vierteln ihres
Bedarfs auf Energieimporte angewiesen ist! — Und der zweite Kern: Die
Lebensdauerstatistik des deutschen Kraftwerksparks und das politisch beschlossene
Ausphasen der Kernkraftwerke auf Null verlangen innerhalb weniger Jahrzehnte die
Neuinvestition von ca. 40 000 Megawatt. Ein Gutteil dieser Leistung durch
Brennstoffzellen-BHKWs bei hoher Stromzahl mit Energieausnutzungsgraden
zwischen 80 und 90 Prozent zu erbringen, ist energiewirtschaftlich nur vernünftig. -
Gewiss werden die dezentralen Energiewandler zunächst mit Erdgas aus dem
bewährten flächendeckenden Netz versorgt werden, im Übergang zur
Wasserstoffenergiewirtschaft mit einem Verschnitt von Erdgas und 10 bis 15 Prozent
Wasserstoff, schließlich an der auch hier zu erwartenden Weichenstellung mit
Wasserstoff: Denn Millionen Erdgas-BHKWs, ausgerüstet selbst mit
höchsteffizienten Brennstoffzellen, werden niemals klimaökologisch neutral sein, das
millionenfache Einsammeln von Treibhausgasen wird sich als unmöglich erweisen.
Meilenstein 4: Wasserstoff- und Brennstoffzellen-induzierter Industriestrukturwandel
Wasserstoff und Brennstoffzellen werden über die gesamte Länge der
Wertschöpfungskette einen Industriestrukturwandel einleiten, dessen Elemente
bereits erkennbar sind:
- Wie Strom, der eine Sekundärenergieträger, wird auch der andere -
Wasserstoff - aus allen denkbaren Primärenergien hergestellt werden,
klimaökologisch neutral aus operationell kohlenstofffreien erneuerbaren
Primärenergien oder aus fossilen Energien mit klimaökologisch
neutralisierender Sequestrierung der Treibhausgase.
- Wieder wie bei Strom verlangt die zentrale Produktion von Wasserstoff und
seine dezentrale Nutzung Leitungsgebundenheit.
- Dezentrale Nutzung von Wasserstoff durch Brennstoffzellen schafft virtuelle
elektrische Kraftwerke, die mit den Kraftwerken zentraler Organisation in
Wettbewerb treten. Welche Kilowattstunde wird die wirtschaftlichere sein?
- Die präsumtive Ablösung des stationären oder mobilen Verbrennungsmotors
durch die Brennstoffzelle lässt die Märkte der Schmiedewerke für
Kurbelwellen, Pleuelstangen oder Nockenwellen und dergleichen sowie
diejenigen der Aluminiumgießerein für Motor- und Getriebegehäuse
schrumpfen, diejenigen für Brennstoffzellen-Stacks oder -Membranen
wachsen.
Meilenstein 4
Wasserstoff- und Brennstoffzellen – induzierter Industriestrukturwandel
• initiiert den Wettbewerb zwischen dezentralen virtuellen
Kraftwerken und der angestammten Kraftwerkswirtschaft
• setzt elektrochemische Energiewandlung an die Stelle von
Energiewandlung durch Wärmekraftmaschinen
• lässt Brennstoffzellen an die Stelle von Verbrennungsmotoren
treten
• oder Brennstoffzellen an die Stelle von Batterien
verlangt die frühzeitige Vorbereitung auf diesen Strukturwandel
- Mit dem Aufkommen des einen Sekundärenergieträgers - Strom - an der
Wende vom 19. in das 20.Jahrhundert wurde in Deutschland die Allgemeine
Electricitäts-Gesellschaft (AEG) gegründet, in den USA die General Electric
(GE); jetzt, mit dem Aufkommen des anderen Sekundärenergieträgers –
Wasserstoff – entstand in den USA bereits die General Hydrogen (GH), wann
wird es zur Gründung der Allgemeinen Wasserstoff Gesellschaft (AWG)
kommen?
- Das Ende der Energiewandlungskette, dort wo Endenergie in Nutzenergie und
weiter in Energiedienstleistungen umgewandelt wird, nimmt deutlich an
Bedeutung zu, es gehört, wie der Kettenanfang, in die Hände von
Fachkundigen, es kann nicht in den Händen von 80 Millionen Laien bleiben:
Professionalisierung tut Not! Zumal hier, am Ende der Energiewandlungskette,
nicht mehr nur an ihrem Anfang, der Schlüssel liegt, denn jede wegen
professioneller Handhabung hier nicht auf dem Markt nachgefragte
Kilowattstunde Energiedienstleistung, erübrigt – bei einem nationalen
Energienutzungsgrad von ca. 30 Prozent – drei Kilowattstunden
Primärenergierohstoffe am Kettenanfang in die Energiewirtschaft einzuführen:
"Ende gut, alles gut!"
Meilensteine 5 und folgende: Politische Rahmenbedingungen
- Wasserstoff ist nicht schlicht ein weiterer Energieträger im ansonsten
unverändert gelassenen Mix. Hingegen: Die Einführung der
Wasserstoffenergiewirtschaft wird die Weltenergiewirtschaft von Grund auf
verändern, vergleichbar etwa mit der Einführung der Stromwirtschaft an der
Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die wesentlichen Argumente:
Wasserstoff speichert und transportiert erneuerbare Energien und bietet
ihnen damit überhaupt erst die Chance, am Weltenergiehandel teilzunehmen;
Wasserstoff entcarbonisiert die fossilen Energien und macht sie so Kioto-fest;
Wasserstoff dezentralisiert das Energiesystem und eröffnet der
Volkswirtschaft somit bisher unausgeschöpfte virtuelle Exergiepotentiale am
Ende der Wertschöpfungskette; im Gegensatz zum energierohstoffgeführten
gewachsenen Energiesystem ist die Wasserstoffenergiewirtschaft zu großen
Teilen technikgeführt: Energiepolitik wird Technologiepolitik. – Alles dies
verlangt die Aufnahme der Wasserstoffenergiewirtschaft in den Zielkatalog
der politischen Klasse: Die Wasserstoffenergiewirtschaft darf ihre Agenda nie
mehr verlassen. Zwei oder drei Generationen werden mit dem Aufbau der
Wasserstoffenergiewirtschaft befasst sein. Wasserstoff verlangt Kontinuität!
Wie dies jede bisherige Energie verlangte, die dem Mix hinzugefügt wurde.
- Der Kioto-Prozess ist Teil internationaler Nachhaltigkeitspolitik, er setzt auf
die Reduktion von Treibhausgasen, die mit der Nutzung der fossilen
Energierohstoffe mitproduziert werden, sie sind überwiegend
kohlenstoffhaltig. Hydrogenisierung des Energiesystems und damit
Entcarbonisierung und – als Folge – Entmaterialisierung sind die Schlüssel.
Energetische Nachhaltigkeit ohne Wasserstoff ist irrational!
- Es hat sich geschichtlich so ergeben, dass die Energieimportländer
Primärenergierohstoffe importieren und die potentiellen Schadstoffe immer
gleich mit. Es obliegt dem Energiekäufer, sie zu entfernen und für Umwelt
und Atmosphäre schadlos zu nutzen oder endzulagern.
Die aufkommende Wasserstoffenergiewirtschaft bietet die Chance zu
entscheiden, ob es nicht wirtschaftlicher ist, Schadstoffe und Treibhausgase
gleich am Ort der Energierohstoffgewinnung durch den Energieverkäufer zu
beseitigen und nur mehr sauberen Wasserstoff zu handeln: Eine
außerordentliche Herausforderung für kluge Außenwirtschaftspolitik!
Meilenstein 5
Politische Rahmenbedingungen für planungssichere Investitionen
• ergänzen die angestammte Energie(rohstoffversorgungs-)politik
durch Wasserstoff- relevante Technologiepolitik
• fördern Exergiepolitik
• unterstützen den Kioto-Prozess
• verfolgen kluge Außenwirtschaftpolitik mit dem Ziel der Erweiterung
der Lieferregionen und der CO2 - Sequestrierung durch die
Energielieferer
• setzen auf Kontinuität über Jahrzehnte
• fixieren temporäre Steuerfreiheit für Wasserstoff als Energieträger
verlangen die Aufnahme der Wasserstoffenergiewirtschaft in die politische
Agenda und machen sie zu einem unverbrüchlichen gesellschaftlichen Ziel
- Der Weg in die Wasserstoffenergiewirtschaft bestätigt erneut, dass
Energiepolitik zunehmend Technologiepolitik werden wird: Die Aufgabe für
Industrieländer. Effiziente Wasserstoff-gestützte Brennstoffzellen schaffen
Effizienzgewinne, die reduzierter Energienachfrage gleichkommen; oder,
sauberer Wasserstoff aus Kohle verlangt die Techniken der Sequestrierung
und Endlagerung; oder, solarer Wasserstoff setzt effiziente und bezahlbare
Energiewandler erneuerbarer Energien voraus – der Beispiele gäbe es mehr.
Immer kommt technisches Wissen um die Energiewandler Energie gleich,
besonders auch technisches Wissen um den Energieträger Wasserstoff und
seine Anlagen.
- Wie bei der Einführung erneuerbarer Energien, wie bei Biomasse oder der
Wärmekraftkopplung von BHKWs kleiner bis mittlerer Leistung geschehen,
wird sich die Einführung von Wasserstoff und seiner Anlagentechnik auf
temporäre Steuerbefreiung verlassen müssen, um die Anfangsnachteile nicht
marktgerechter Mengen und kleiner Losgrößen zu kompensieren. Bedenken
wir: Wasserstoff als Kraftstoff hat es umso schwerer, den Wettbewerb
aufzunehmen, je höher die Steuerbelastung konventioneller Kraftstoffe ist,
die in Deutschland inzwischen auf drei Viertel des Tankstellenpreises
anwuchsen! Klar ist: Fördermittel der öffentlichen Hände sind willkommen,
als Impulse manchmal unerlässlich, aber nicht entscheidend; sie werden an
den für den Aufbau der Wasserstoffenergiewirtschaft erforderlichen Trillionen
immer nur einen verschwindend kleinen Anteil haben. Unabdingbar hingegen
ist Investitionssicherheit durch den weithin erkennbaren politischen Willen,
den Weg in die Wasserstoffenergiewirtschaft zu gehen und ihn über
Jahrzehnte nicht mehr zu verlassen: Energie braucht Kontinuität, nicht Aufs
und Abs; Unternehmer brauchen Planungssicherheit.
* Professor Dr.-Ing. Carl-Jochen Winter studierte und promovierte in den 1950er
Jahren im Maschinenbau in Darmstadt, er arbeitete als junger Ingenieur bei Dornier
in Friedrichshafen und leitete dort die Versuchsabteilung. Es schlossen sich 15 Jahre
als Vorstandsmitglied des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt an, er war
verantwortlich für die beiden Forschungsbereiche Werkstoffe und Bauweisen sowie
Energetik. Gelerntes aus der Luft- und Raumfahrt-Energetik wurde unter seiner
Ägide „auf den Boden zurückgeholt”: Energie- und vor allem
Exergieeffizienzgewinne, alle Arten von erneuerbaren Energien und Wasserstoff als
Energieträger. Projekte wie die Plataforma Solar de Almeria, HYSOLAR, HYFORUM
2000 in München oder HYFORUM 2004 in Beijing/China entstanden in seiner Zeit. Er
war Gründungsvorstand des ZSW – Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
in Baden-Württemberg. Er initiierte das Forum für Zukunftsenergien in
Berlin und war 13 Jahre lang dessen stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Heute
dient er als Vice President for Europe – The International Association for Hydrogen
Energy.
** Winter ist geschüftsfährender Gesellschafter der ENERGON Carl-Jochen Winter
GmbH, Überlingen. Geschäftsinhalte sind Konzepte, Studien und
Beratungsleistungen zur nachhaltigen Energiewirtschaft.
Carl-Jochen Winter war in seiner aktiven Zeit seit 1983 Professor in der
Energietechnik der Universität Stuttgart. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher
Bücher und schrieb ca. 300 Fachartikel aus den genannten Fachgebieten.
- und merke:
It's HYtime!
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